Berichte

Felsen-Fest in Nordböhmen

Auf dem Weg in die Arena kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Fast 40 Meter erhebt sich rechts der Straße der freistehende Sandsteinfelsen über den Talboden. Oben drauf „klebt“ die kleine, mittelalterliche Felsenburg Hrad Sloup [Einsiedlerstein]. In den Wäldern links der Straße werden wir von 26. bis 30. Juli 2023 die 5 Etappen des Bohemia Orienteering in Tschechien absolvieren. Hier, in die Nähe der Kleinstadt Novy Bor, liegt das Ziel unserer Vereinsreise 2023. Schon vor dem Start ist klar, das wird ein Felsen-Fest!   

Das Resort Malevil, was ist das? Eine Ranch? Ein Golfplatz? Ein kleiner Zoo? Ein Hotel? Eine Freizeitoase? Malevil ist von allem ein bisschen und sogar noch mehr. Claudia hat für unsere Vereinsreise 2023 ein außergewöhnliches Quartier gefunden. Nördlich von Liberec ist nicht mehr viel Tschechien übrig. Dort findet das Navi möglicherweise in einem idyllischen Tal des Lausitzer Gebirges das Resort Malevil am Ende des kleinen Ortes Hermanice. Hinter, beziehungsweise auf dem Kamm der nahen Hügel beginnt Deutschland. Hier gibt es mehr umzusetzende Zeitwörter als Zeit. Hier können wir wohnen (Hotel, Campingstellplätze, Pension, Hütten im Wald), essen (Restaurant), spielen (Beachvolleyball, Golf, Tennis, Squash), springen (Trampolin), schwimmen (Pool), jausnen (Terrasse), grillen (Lagerfeuer), surfen (Internet), streicheln (Esel, Lama, Emu,..), biken (Straßenrad & Mountainbike), aufspannen (Regenschirm), reiten (Pferd), brocken (Himbeeren),.….

Es gibt also viel zu tun. Viel zu erleben. Viel zu genießen. Viel Programm für die 58-Mann-Frau-und Kind-starke Naturfreunde Wien-Reisegruppe Claudia, Jannis & Erik, Renate, Axel & Corinna; Erich & Christine; Natalia & Cleo; Jill, Mika, Sona, Leon & Luis; Anneliese & Ernst; Marina, Tim, Anna & Serge; Manuela & Josef; Andrea & Frederic, Sandra & Wolfgang, Annina, Lauri, Vicky & Lucia; Riki, Tina, Rita & Willi; Elisabeth, Michael, Matilda & Anton; Sonja, Thomas, Jonas, Livia & Elise; Tetiana, Walter & Nicolai, Sabine & Josef, Babsi, Boris, Ylvi & Nico; Elisabeth & Max; Johanna, Matilda & Viktor.

Auf dem Weg in die Arena kommen wir durch Mařenice, Cvikov, Sloup und Svojkov. Böhmische Dörfer, die genau das sind für uns: Böhmische Dörfer. Unbekanntes Terrain. Ein Bereich, in dem man sich gar nicht auskennt, wo man aber gerne ist. Ruhig, idyllisch, erholsam. Gleichzeitig ist es aber auch – diese Lektion lernen wir während der 5 Etappen – wild, wunderschön & abenteuerlich.  

Zahorin-Becken. Nachtigall. Zwei Welten. Gebetsgraben. Bärenlager. Die Namen der Karten halten, was sie versprechen. Die Mitteldistanz am ersten Tag fordert, ist aber erst der Anfang. Wer die Laufinformationen genau liest, kann sich am zweiten Tag am kostenlosen Kuchenbüffet in der Arena austoben. Wer im Wettkampf genau aufpasst, hört danach vielleicht den Gesang der Nachtigall. Der Slaviček [Nachtigall] ist ein 535m hoher Basaltkegel, um den wir kreisen. Seinen Namen hat er vom Pfeifen des Windes durch die Felsspalten am Fuße des Berges. Wir rauschen durch Buchenwald, navigieren durch Fels-Formationen an steilen Hängen und erleben eine abwechslungsreiche Langdistanz.

Am dritten Tag marschieren wir knapp zweieinhalb Kilometer um Dva Svéty [Zwei Welten] zu erreichen. Und zu erleben. Der Waldsprint in einem ehemaligen Bergbaugebiet ist einzigartig. Es ist eine Art Orientierungslauf-Vergnügungspark. Ein Böhmischer Prater im Wald quasi. Die Attraktionen auf der Karte im Maßstab 1:4.000 sind unzählige Kuppen, kleine Senken und Mulden sowie Felsklippen unterschiedlicher Größe. Viele Posten, viele Richtungswechsel, viel Spaß.

Und es wird immer noch besser. Es wird sogar legendenhaft. Die eine geht so: Der junge Ritter Jaroslav ging im Modlivý důl [Gebetsgraben] mit der geliebten Tochter des Braumeisters freiwillig in den Tod, weil seine Eltern gegen diese Verbindung waren. Die andere ist auch nicht besser: Ein Jüngling tötete hier einst einen Nebenbuhler. Erweiterter Suizid und Mord aus Eifersucht, klingt nach wilder Gegend. Irgendwann entstand in diesem 1 Kilometer langen, tief eingeschnittenen und   romantischen Felsental ein Wallfahrtsort. Im 18. Jahrhundert wurde eine beeindruckende Felsenkapelle in die mächtigen Sandsteintürme gehauen. Während unserer außergewöhnlichen Mitteldistanz kommen am vierten Tag viele an der Kapelle vorbei. Außergewöhnlich kurz – weil außergewöhnlich steil – sind die Bahndaten. In diesem Gelände kann man eingehen wie Böhmisches Leinen. Es ist ein harter Tag im Wald. Geht die Kraft aus, geht man ein.

Stichwort gehen: es geht zum einen natürlich ums Dabeisein bei einer feinen, gemeinsamen Reise, zum anderen geht es aber auch um Siege & Topplatzierungen und somit um Punkte für die Vereinswertung. Und immerhin ist das Naturfreunde Wien-Orienteering Team am Ende unter 188 Vereinen auf Platz 8 zu finden. Diese Reise ist ein voller Erfolg: das steht felsen-fest.

Der fünfte und letzte Tag im Wald ist wieder ein besonderer. Auf der Karte Medvědí kemp [Bärenlager] gehen die rund 1.600 Läuferinnen & Läufer aus über 25 Nationen auf eine abschließende Pirsch. Gejagt werden die Führenden in der Gesamtwertung nach 4 Tagen. Darunter sind auch Babsi [D50-] und Ernst [H80-]. Beide werden von der Jagdgesellschafft nicht erwischt. Beide gewinnen ihre Kategorie und müssen Gott sei Dank nicht ewig auf die Siegerehrung warten Da vergeht in Böhmen kein Viertel.