Berichte

Schicht im Schacht: Mountainbike-Orienteering im alten Bergwerksgebiet

13. Juli 2020

Dort, wo die Räder in den Fördertürmen und Schächten längst stillstehen, haben sich die Räder der Mountainbike-Orienteering-Gemeinschaft endlich wieder zu drehen begonnen.

Unter zurückhaltender Beteiligung unseres Vereines – 4 Naturfreunde und -innen scheuten die kurze Anreise nicht – wurden die ersten Austria Cup-Rennen 2020 am 11. und 12. Juli in den steilen Wäldern am Stadtrand von Sopron in Ungarn gefahren. Das Revier Brennbergbanya gehörte zu den ältesten Kohlebergbaugebieten auf ehemals österreichisch-ungarischem Gebiet. Es ist ein Ort mit Geschichte:

Und die Geschichte geht so: im Herbst 1747 hat ein frierender Hirtenbub auf einem der umliegenden Berge ein Lagerfeuer entzündet, das nicht mehr erlöschen wollte, woraufhin hier Kohle entdeckt wurde. So kam auch die Ortschaft Brennberg bzw. Brennbergbanya, wie die Ungarn sagen, zu ihrem Namen. 1759 wurde hier das erste ungarische Bergwerk eröffnet. Und jetzt, am 11. Juli 2020 die Saison im Mountainbike-Orienteering. Es ist Schicht-Beginn.

Der Weg zum Start des Mitteldistanz-Bewerbes am Samstag ist lang und steil. Auf den ersten Renn-Metern sehen wir uns dann das Ödenburger Gebirge von oben an. Der höchste Gipfel auf ungarischer Seite ist der Magas-berc (Hoher Riegel) mit 553 m. Wir pfeifen um die ersten Ecken und der kühle Wind uns um die Ohren und durch die Speichen.

Die Bahnen sind anspruchsvoll, bieten steile Anstiege, schnelle Abfahrten und schwierige Routenwahlen. Links herum ?, rechts herum ? Oben drüber ? Und wann falte ich die A3-Karte, die nicht in den Kartenhalter passt, neu ? Dass die Strecken gegen Ende des Rennens auch durch verwinkeltes Siedlungsgebiet führen, macht die Sache nicht leichter.

Hier, auf ungarischer Seite sind die Arbeiterhäuser noch größtenteils erhalten. Und auch die alte Grundschule von Brennbergbanya, neben der sich die alte Kirche sowie Wettkampfzentrum & Ziel befinden, das wir nach einem feinen Downhill-Finale erreichen.

Es folgt das Auslesen (des SI-Chips), das Ablesen (der Zwischenzeiten) und das Lesen (der Austria Cup-Ergebnislisten): Unsere Damen Christine und Babsi [D40-] fahren auf die Plätze zwei und drei. Bei den Herren [M50-] wird Boris Zweiter und Michael Zwölfter.

Bis 1858 wurde die Braunkohle im Tagebau erschlossen, danach begann man, die ersten Schächte „abzuteufen“ – unter anderen den ca. 345m tiefen Helenenschacht. Der mit einem Ziegelbau ummantelte Förderturm steht auf der österreichischen Seite der Grenze. Am Sonntag führen einige Langdistanz-Bahnen nur wenige Meter am – sehenswerten – ältesten Industriedenkmal des Burgenlandes vorbei. 

Kurz davor haben wir beim Passieren des Aussichtsturmes am Magas-berc schon hunderte, harte Höhenmeter in den Beinen, die wie die Bikes verdreckt sind. Der starke nächtliche Regen hat die Herausforderungen des Geländes um feuchte Wiesenwege, breite Wasserlacken und tiefe Gatschpassagen erhöht. Wenig Posten, lange Routen, viele Möglichkeiten, sich falsch zu entscheiden.

Bei den Damen [D40-] trifft Babsi viele gute Entscheidungen und feiert den ersten AC-Sieg der Saison, Christine belegt den 4. Platz. Bei den Herren [H50-] radelt Boris zu viel in der Gegend herum und wird Dritter. Während der Laktat-Abbau beginnt, ist jener der Kohle längst beendet.

Alle Minen hier wurden im Frühjahr 1953 geschlossen. Nach einem kurzen Versuch, die Förderung noch einmal hochzufahren, war dann 1959 mit der Stilllegung des Braunkohle-Reviers Brennbergbanya endgültig Schicht im Schacht.

Nach unserer sportlichen Doppelschicht dauert die Stilllegung der ([teilweise] Kohlefaser)Bikes nur 5 Tage. Denn schon am 18. und 19. Juli wird der MTBO-Austria Cup in Judenburg fortgesetzt. Mit zwei Staatsmeisterschaften. Mit weniger Höhenmetern. Mit mehr Naturfreunden.

Ergebnisse Samstag: Mitteldistanz

Ergebnisse Sonntag: Langdistanz