Berichte

Dolinen: links, rechts, überall.

Der Frühling kommt und mit ihm in diesem Jahr fast 1.500 Läuferinnen und Läufer aus rund 25 Nationen zum Lipica Open von 11. bis 15. März 2023 im Süden Sloweniens. Auch 30 Wiener Naturfreunde nutzten den Klassiker im Karst zur ersten Formüberprüfung und zum Kennenlernen unzähliger Dolinen. 

Mika, Sona, Livia sind mit dem österreichischen Nachwuchskader da. Ylvi, Nicolas, Erik, Jasmina, Anika, Lina, Anton, Flo & Anja mit dem österreichischen Elite- bzw. Bundesheerkader.

Und auch Vera & Roland, Christine & Erich, Babsi & Boris, Hannes & Fabian, Marina & Anna, Josef Z., Sabine & Josef H., sowie Pierre, Frederic & Wolfgang stellen sich der traditionellen Herausforderung. Die meisten laufen nur Samstag und Sonntag, einige verlängern bis Mittwoch und genießen alle 5 Etappen.

Die Entstehungsgeschichte der Karstlandschaft geht vielleicht so: Gott war am Aufräumen. Er hatte einen Sack voller Steine. Die wollte er ins Meer schütten. Aber (wie es möglicherweise der Teufel wollte) riss der Sack und die Steine fielen dort zu Boden, wo wir heute von Karst sprechen.

So auf dem 300m über der Adria liegenden Karst-Plateau nördlich von Triest und nördlich der italienisch-slowenischen Grenze. Das Wort Karst ist – wie die Landschaft – etwas schroff. Das slowenische kras oder das kroatische krs hören sich ähnlich ungemütlich an. Ganz anders das italienische carsico, das eher mehr nach Oper klingt, ganz sicher nach großer OL-Bühne. Die herb-schöne Gegend rund um Lipica wird von Felsen und Steinen dominiert, und natürlich von Dolinen.

Dolinen sind Trichter in der felsigen Landschaft. Sie können 10m, 100m oder ein paar Kilometer breit sein. Das Schöne an den Dolinen ist: Es sind genug für alle da, Etwa für uns, denen die Dolinen das Auffinden von Orientierungslauf-Posten manchmal erleichtern, oft auch erschweren. Es sind aber genug für alle da, so auch für alle anderen.

Denn die durchschnittliche Doline im slowenischen Karst ist rund bis oval, gerne bewaldet, immer wieder steinig, oft auch von Grasboden geprägt oder von Dickichten und Dornen „beschützt“. Und dann gibt es auch die Dolinen ohne Boden, dafür mit Löchern und Schächten, die schwarz und gefährlich sind, weil von unbestimmter Tiefe. Abgesehen von diesem Typ sind Dolinen äußerst vielseitig verwendbar: als Open Air-Hühnerstall ebenso wie als Schaf- oder Kuhweide sowie Pferdekoppel. Als Gemüse- oder Weingarten. Als Ackerfläche und manchmal als Wasserstelle. Aber auch als Endlagerstätte für Hausmüll oder Autowracks. Und natürlich als bestimmendes Element der vielen, feinen OL-Karten.

Schon die Anfahrt zu den Etappenorten macht Lust. Oft sind die Straßen durch die idyllischen, mittelalterlichen Orte so schmal wie das Lächeln breit.    

Den Orientierungslauf-Spaß beginnen wir auf der neuen Karte „Lipica“. Sehr flach, aber sehr steinig, dennoch sehr schön und o-technisch äußerst fordernd. „Haben die hier nur einen Schwarz-weiß-Drucker“ fragt sich mancher nach dem ersten Blick auf die Karte. Wir „laufen“ diese Mitteldistanz direkt neben dem Gestüt, wo die weißen Pferde wohnen. Wir fühlen uns ebenso wohl.

Am zweiten Tag ist im Startgeld auch ein erstes Höhenmeter-Paket enthalten. „Krajna vas“ heißt die Karte mit wechselndem Geländecharakter. Ideal für eine schwierige Langdistanz. Im Rahmen der dritten Etappe können wir auf der Karte „Dutovlje“ endlich die Lauf-Lust befriedigen. Das schnelle, wunderschöne Gelände mit vielen offenen und halboffenen Wiesenabschnitten lässt höheres Tempo zu. Schnell passieren auch Fehler.

Auch am vierten Tag wird das Dolinen-Festival fortgesetzt. Statt der wärmenden Sonne gibt es kühlende Regenschauer. Auch die Karte „Povir“ bietet von allem etwas: schnelle flache Wiesenabschnitte, langsame steile Hänge, mühsame große Steinfelder und natürlich viele Dolinen. Etappe 5 endet in derselben Arena. Die letzten Langdistanz-Kilometer auf der schönen Karte „Gorenje“ bringen ein „best-of-Alles“: Steine, Wiesen, Wald, Höhenmeter und Dolinen, natürlich. Von klein bis riesengroß. 

Nach 5 Tagen erobern Babsi [W50-], Vera [W55-] und Roland [M60-] jeweils Platz 2 in der Gesamtwertung. Man könnte es Dolinen-Diplome nennen. Für die anderen gibt es Dolinen-Erinnerungen. Es sind ja genug für alle da. So wie auch ganz kleine, ganz viele schwarze Zecken. Wegen diesen werden wir nicht wiederkommen, wegen der Dolinen schon.