Berichte

Morgensport im Salamanderland

Und wieder – heuer zum 13. Mal – lockte der Schneebergtrail. Das Versprechen der Veranstalter dieses Berglaufes lautete: Trailgenuss vom Feinsten entlang steiniger Pfade mit atemberaubenden Ausblicken auf die umliegenden Berge! Diesem Angebot konnten auch Josef Z. & Anja trotz der angsteinflößenden Zahlen (31 Kilometer Laufstrecke, 2.100 Höhenmeter) nicht widerstehen. Beide standen in Puchberg an der Startlinie und 5 Stunden später im Ziel. Josef, der sich für den „Verein“ Morgensport angemeldet hatte, schildert hier seine Eindrücke.

Dies ist die Momentaufnahme einer Leidenschaft und der Versuch zu verstehen, wie es dazu kommt: Wenn ich Wald sehe und an Wald denke, denke ich an:  Laufen. Ob am Zugfenster oder an Autobahnrändern, wenn das Sonnenlicht das Dunkel am Waldesrand erhellt und dahinter ein Versprechen von Kühle und Stille wartet.

Ich bin mit Beginn meiner Gymnasialzeit durch Waldläufe sozialisiert. In den Anfängen mit Seitenstechen am Trebsiner Waldweg, nach Ramseiden oder Bachleithen, durch lichte Fichten und Föhrenwälder. Das Laufen hat mich seither nicht mehr losgelassen und in unterschiedlicher Intensität immer beschäftigt. Meist war es die Neugierde, die mich sehr früh hinausgetrieben hat, um neue Wege und Landschaften zu erkunden. Straßenläufe – Marathon in der beruflichen „midlife crisis“ – Orientierungslauf – Traillauf sind die Ausformungen und Stationen meiner Leidenschaft.

Ich laufe also viele Trails und nehme von Zeit zu Zeit auch bei organisierten Veranstaltungen teil. Eher selten, weil sich dies meist mit dem dichten OL-Kalender überschneidet, oder es sich mir nicht erschließt, warum ich dafür weite Anreisen in Kauf nehmen soll, wenn ich der Leidenschaft vor der Haustüre im Leithagebirge oder auf den Salzburger Almen frönen kann.

Die diesjährige Teilnahme am Schneebergtrail erfolgte auf Anfrage eines befreundeten Läufers. Dazu entschloss ich mich für die längere Strecke anzumelden, weil ich den Weg entlang der Schneeberg-Bahn als einen der wenigen Wege am höchsten Gipfel Niederösterreichs noch gar nicht kannte. Auf Grund der kurzfristigen Absage hieß es jedoch alleine anreisen. Diesmal schon mit dem Zug, da die Veranstalter es nach Jahren geschafft haben, den Start so zu legen, dass eine Anfahrt von Wien öffentlich möglich ist. Immerhin nahmen 30-40 Läufer das Angebot in Anspruch. Ein kurzer Schock, als nach Wiener Neustadt der Schneeberg seine ganze Schönheit mit Schneehaube ausstrahlte. Damit war nicht zu rechnen gewesen.

Zur Abwechslung gab es ideale Laufbedingungen bei ca. 12 Grad am Start und 4 Grad am Klosterwappen, nachdem ich auch in einem früheren Lauf schon bei Regen, Wind und Nebel den Berg überquert habe. Vom Start weg lief ich mein Tempo, verhalten, beim ersten Anstieg zusätzlich gebremst von der Kette an Teilnehmern am Single Trail. Nach den ersten 500 Höhenmetern lichteten sich die Reihen. Das Hochalmgebiet der Mamauwiese nach den schmalen dunklen Wegen über den Öhler ein Lichtblick. Wenngleich die Ansicht der sich aufbauenden Nordwand des Schneebergs schon Ehrfurcht einflößte. Am Anstieg zur Dürren Leithen meldeten die Oberschenkel zum ersten Mal: Müdigkeit. Die gab sich aber nach der Bergabstrecke und dem Adaptieren der Ausrüstung mit Windjacke und Handschuhen bei der Edelweiß-Hütte, denn am Aufstieg über den Fadensteig ging es richtig locker und ich überholte Läufer um Läufer.

Beim Ausstieg aus der Nordwand öffnete sich das Panorama des Hochplateaus in strahlendem Weiß mit einer dünnen schwarzen Weglinie, gepunktet mit Läufern. Die restlichen 300 Höhenmeter waren nur mehr teilweise zu laufen, aber auch schnelles Gehen auf dem leicht schneebedecktem Weg war ausreichend. Denn im Downhill hat man als Orientierungsläuer doch einige Fähigkeiten voraus. Die letzten 10 km wurden erst im letzten Drittel mühsam, den die Strecke verlief auf einer eher steilen Schotterstraße, die Gelenke und Muskeln ordentlich beanspruchten und nicht angenehm zu laufen war. Die Müdigkeit hielt sich weiterhin in Maßen. Aber sie war jedoch unleugbar vorhanden als ich 1 km vor dem Ziel eine Abzweigung auf einen Wiesenabschnitt versäumte und in eine Sackgasse etwas Orientierungslauf – Feeling ins Ziel mitnahm.

Auf der neuen Strecke hatte ich mir keine Zeit vorgenommen und auch zwischenzeitlich nicht kontrolliert. So waren die 2 Minuten über 5 Stunden kein Thema und das Ergebnis als bester in der Klasse M60+ eine große Überraschung. Insgesamt war es ein Tag wie im Bilderbuch und eine außergewöhnliches Erlebnis, dass den Verzicht auf die Teilnahme bei den Wiener OL Meisterschaften leicht verschmerzbar machte. Anja erreichte das Ziel ein paar Minuten vor mir. Sie belegte in der Altersklasse W30+ den 7. Platz.