EM 2025: Zu Gast bei den Schafsköpfen
Das Beste kommt am Schluss. Der letzte Tag der European Orienteering Championships 2025 [EOC] in Belgien ist spannend und spektakulär. Das Sprint-Finale am 31. August 2025 in Lier lässt auch die österreichischen Fans mitfiebern und jubeln. Denn wieder übersteht Ylvi die Qualifikation am Vormittag souverän – wieder gemeinsam mit Lukas Novak [Leibnitzer AC]. In der Medaillenentscheidung kann Ylvi ihre Träume nicht wahr werden lassen und beendet die EM auf dem 31. Platz.

Die Kleinstadt Lier liegt rund 10 Kilometer südöstlich von Antwerpen ist bekannt für ihre mittelalterliche Architektur und ihren verschlungenen, historischen Kern. Auf dem großen Marktplatz dominieren Barock und Renaissance, in den verwinkelten Gassen, Parks und an den Flüssen und Kanälen dominieren an diesem Sonntag die schnellsten Orientierungsläuferinnen und Orientierungsläufer der Welt. 153 Männer und 122 Frauen sind zu Gast bei den „Schafsköpfen“.

Zunächst werden die jeweils 45 hellsten Köpfe gesucht. Nur die 15 schnellsten der jeweils drei Qualifikationsläufe am Vormittag müssen sich keinen Kopf machen und haben ihren Platz im Finale. Aus österreichischer Sicht überzeugt Ylvi erneut, sie kommt auf dem starken 9. Platz ins Ziel. Also darf/kann/muss sie am Nachmittag wieder 13-14 Minuten Vollgas geben.

Die anderen EM-Teilnehmer aus dem Naturfreunde Wien-Orienteering Team bringen ebenfalls starke Leistungen, schaffen den Sprung ins Finale aber nicht. Nico ist auf dem 22. Platz nur 20 Sekunden von der Qualifikation entfernt und ärgert sich ein wenig: „Der 15. Platz und die Final-Qualifikation wäre heute wirklich möglich gewesen, denn ich habe bei weitem nicht alle Routen optimal gewählt und ausgeführt.“ Bei den Damen klassiert sich Jasmina auf dem 25. Platz ihres Vorlaufes.

Nicht immer ist Bildung die Basis für Wohlstand. Es war im 15. Jahrhundert, als Herzog Johann IV. von Brabant den tapferen Bürgern von Lier für ihre Kriegsdienste danken wollte. Sie konnten ihre Belohnung selbst auswählen: ein Viehmarkt mit Schafschlachterei oder eine Universität dürfe es von Herzogs Gnaden sein. Man entschied sich für den Viehmarkt. Es war eine Entscheidung, die für die Stadt Lier sehr lukrativ war, denn für jede Region war nur ein Markt erlaubt. Die Stadt florierte in der Folge. Legendär ist die Reaktion des adligen Hansi: „Ach, diese Schafsköpfe“.

„Schafsköpfe“ haben vor allem im Finale am Nachmittag keine Chance. Die Bahnen sind extrem anspruchsvoll, viele Fehler passieren. Auch Top-Stars erleben böse Überraschungen. Lukas Novak bestätigt seine starke Form. Wieder kann er sich in diesem Weltklasse-feld behaupten. Im Ziel darf er über den 20. EM-Platz (den Neuseeländer T. Robertson muss man aus dieser Wertung nehmen) und eine neue persönliche Bestleistung bei Titelkämpfen jubeln, wobei ihm in diesem Sekundenkrimi sogar nur 13 Sekunden auf die Top Ten fehlen: “Das Ergebnis ist natürlich super. Aber ich habe bei weitem nicht alle Routen gut getroffen. Da wäre noch mehr möglich gewesen“.

Bei den Damen kommt Ylvi Kastner – wie viele andere – auf dem nassen Katzenkopfplaster immer wieder ins Rutschen. Auf der ersten langen Route stürzt sie sogar, dennoch ist sie bei der ersten TV-Zwischenzeit nur 26 Sekunden zurück und hat alle Chancen auf ein Top-25-Ergebnis, aber dann ist sie vom sehr komplexen Abschnitt zwischen Posten 10 und 15 auf einem Schulcampus überrascht: „Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, habe da gar nicht alle Routen erkannt, da habe ich Zeit verloren. Ich bin überhaupt nicht zufrieden, habe mir mehr erhofft“ bilanziert sie nach der 31. EM-Platz (die Neuseeländerin L. Robertson muss man aus dieser Wertung nehmen.

Bei großer Stimmung auf dem „großen Marktplatz“ von Lier sprinten überraschend Mathias Barros Vallet [FRA] und Pia Young Vik [NOR] zu Gold und Titel. Dort, wo die beiden ihre Medaillen erhielten, hätten an diesem Tag auch Maya und Boris stehen können. Die beiden haben nicht nur alle Rennen Live vor Ort in Belgien verfolgt, sondern sind auch die EOC-Tour gelaufen.

Für alle Fans gab es von Mittwoch bis Sonntag 5 Läufe, davon 4 in den EM-Städten Hasselt, Geel und Lier und einen in Herentals. Sowohl Maya [Damen Elite] als auch Boris [Herren Supervets 55+] hatten am Ende nur jeweils 4 Ergebnisse (sie 1x mp, er 1x dq) und dachten nicht mehr an die Gesamtwertung. Wie sich herausstellte, gab es aber ein Streichresultat und für beide jeweils den 2. Platz in der EOC-Tour. Maya und Boris wurden bei der Siegerehrung vor dem Sprint-Finale in der Arena von Lier aufgerufen, auf das EM-Podest zu steigen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie gerade im nahen Hotel duschen. Herzog Johann IV hätte wahrscheinlich gesagt: „Ach, diese Schafsköpfe“


