Berichte

Der Silberschatz im Forstsee

„Der Schatz im Silbersee“ ist der Titel einer anderen Geschichte, in deren Mittelpunkt zwei Helden stehen. Für die, aus Naturfreunde Wien-Sicht erzählten Story der Österreichischen Staatsmeisterschaften über die Langdistanz am 17. Mai 2025 wäre die Überschrift „Der Silberschatz im Forstsee“ passender. Denn Anika [D21- Elite] und Nico [H21- Elite] eroberten zwei Silbermedaillen für unseren Verein. Dazu kommen bei den österreichischen Meisterschaften unter anderem weitere fünf Silbermedaillen.    

 

Den Wörthersee kennt jeder, aber den Forstsee? Nur ein paar hundert Meter wunderschöner Wald und 150 Höhenmeter trennen die beiden. Idyllisch gelegen ist der Naturbadesee trotz oder vielleicht sogar wegen der Nähe zum Tourismus-Hotspot Velden ein Geheimtip. Etwas mehr als 50 Läuferinnen und Läufer unseres Vereines erforschen an einem zusehends sonniger werdenden Samstag-Nachmittag die Geheimnisse des Waldes. Wir laufen auf Wegen und Forststraßen, wir kämpfen uns durch Heidelbeer-Gesträuch, wir stapfen durch Sümpfe, wir klettern zwischen Steinen und Felswänden, wir folgen Bächen, wir mühen uns über Hügel, wir genießen das Gelände. Manche sogar kurz den Panoramablick vom Aussichtspunkt Hohes Kreuz über den Wörthersee und die Karawanken. Und – Stichwort – viele wanken ins Ziel. Am Ende des Wettkampfes und dieser Geschichte.

Am Beginn steht die verschriftliche Freude über unsere silbernen Staatsmeisterschafts-Erfolge.  In der Herren-Elite endet die Goldjagd nach Spielfilmlänge mit einer Überraschung. Simon Tobler [Leibnitzer AC] gewinnt nach einem Sekundenkrimi seinen ersten Titel in der Elitekategorie. Nico hat bei dieser Premiere ebenfalls einen Platz in der ersten Reihe fußfrei, ist sogar lange Zeit selbst der Hauptdarsteller auf der großen Naturbühne. Unser einziger Naturfreunde Wien-Läufer im Elitefeld kommt gut ins ca. 15 Kilometer lange Rennen, findet schnell seinen Rhythmus, die richtigen Routen und die Posten. 82 Minuten lang, bis zu Posten 24 ist er immer in Führung. Zu Posten 25, dem vorletzten, wählen die drei Medaillengewinner drei unterschiedliche Routen. Nico verliert 50 Sekunden und damit die Führung. Nach 88 Minuten steht fest, Nico fehlen im Ziel nur 42 Sekunden auf den Titel, er gewinnt wie im Vorjahr Silber. Die Freude über den erneuten Langdistanz-Vizestaatsmeistertitel ist gedämpft: „Das zipft mich schon an. Das war so knapp. Ich ärgere mich auch, dass ich am Ende das zweite Gel nicht mehr genommen habe, da hat mir sicher im Finale ein wenig Energie gefehlt.“ Bronze gewinnt Mathias Peter [OLC Graz].     

In der Damen-Elite entwickelt sich an der Spitze rasch ein Dreikampf um den Sieg und die Medaillen, Anika ist mittendrin. Auf der rund 13 Kilometer langen Bahn übernimmt sie bei Posten 6 sogar kurz die Führung, nach der langen Routenwahl zu Posten 9 ist sie dann plötzlich Dritte.  Aber die Vizestaatsmeisterin von 2024 kämpft sich wieder zurück, indem sie sich nach vorne kämpft. Bei Posten 10 ist Anika wieder Zweite. Zu Posten 19, dem vorletzten läuft sie zu weit, fängt sich auf, verliert 70 Sekunden, bleibt aber in der Staatsmeisterschaft auf dem zweiten Platz und erobert nach knapp 94 Minuten wie im Vorjahr Silber. Die alte und neue Langdistanz-Vizestaatsmeisterin ist mit ihrem Lauf und der körperlichen Leistung zufrieden: „Vom Gefühl her war ich war schon am Anfang k.o., wurde dann aber nicht k.o.er. Ich konnte mein Tempo bis zum Ende durchziehen.“ Gold geht an Carina Polzer [SU Klagenfurt], Bronze an Anna Gröll [OLC Graz]. Tina und Anja beenden die Staatsmeisterschaft auf den Plätzen Acht und Neun.

Und das Ende, das war für alle das sprichwörtliche dicke. Die spannenden Rennentscheidungen in der Elite waren ein Gesprächsthema, der Zieleinlauf ein anderes. Dieser fand auf einer Wiese statt, die mit ihren im leichten Wind wogenden langen Gräsern und Blumen sommerliche Idylle vortäuschte. Die Realität war eine andere. Für die Bewirtschaftung der Wiese hätte der fleißige Landwirt ganz bestimmt die Einstufung als Bergbauer verdient, aufgrund der Steilheit nämlich.

Dieser Umstand hatte auch für uns zwei Probleme zur Folge: Erstens, dass der letzte Posten unten im Tal und das Ziel 20 Höhenmeter weiter oben am Berg war und zweitens, dass der gesamte Zieleinlauf sehr gut vom Wettkampfzentrum aus einzusehen war. Es waren zwar nur 120 Meter hinauf in den Himmel, der die die Hölle war, aber es waren für viele 120 der härteren Meter ihres OL-Lebens. Außer für Lauri [H-16 Elite], der das Wort Bergsprint äußert wörtlich nahm und für den der Spaß nach nur 24 Sekunden vorbei war. Das bedeutete den Sieg in der Naturfreunde Wien-Vereins-Challenge, es war überhaupt die Tagesbestzeit auf der vertikalen Zielgeraden.

Für Bestzeiten auf der gesamten Strecke sorgten hingegen Corinna [D20-], Dinah [D50-], Vera [D60-] & Ferri [H55-]. Der Lohn für dieses Qartett war Gold bei den österreichischen Meisterschaften über die Langdistanz für Nachwuchs & Senioren. Außerdem konnten Cleo [D-16 Elite], Mika [D-18 Elite], Lauri [H-16 Elite], Wolfgang [H50-] & Ernst [H80-] jeweils Silber gewinnen. Weitere zwei Medaillen aus Bronze gab es für Annina [D-14] & Adam [H-14]. Dieser intensive Meisterschafts-Samstag brachte durch Serge [Familie], Lorin [H-10], Sandra [D Hobby] & Jana [D Hobby] auch Podestplätze in den Rahmenkategorien.

Alle, auch jene, die knapp oder deutlich an den Medaillenrängen vorbeiliefen, hatten den schaurig-steilen Zieleinlauf gemeinsam. Für viele war es allerdings mehr ein Zieleingang, der in einer unumstößlichen Erkenntnis endete: Alle, die bisher nie beim RedBull400, dem härtesten 400m-Lauf der Welt, bei dem man auf irgendeine Skisprungschanze hinaufhechelt, dabei sein wollten, wissen nun, dass sie auch in Zukunft nie beim RedBull400 dabei sein werden wollen. Nicht einmal für eine Silbermedaille.